EINKLAPPEN

1983 – Die Grundidee des Kulturbahnhofs

KuBa ist zunächst die simple Abkürzung für Kulturbahnhof. Der Name Kulturbahnhof wurde dem Objekt 1983 von den Gründern des „Kulturbahnhof Kempen e. V.“ gegeben. Diese waren eine Gruppe von jungen Leuten, die sich zur damaligen Zeit zusammenschlossen, um die Lücke im Kulturprogramm der Stadt Kempen durch Eigeninitiative zu füllen. Die Idee war, die damalig lange leerstehenden Räumlichkeiten der alten Bahnhofsgaststätte Kempen und deren Pächterwohnung, in ein Jugendkulturzentrum mit Gaststätte, Veranstaltungssaal und Tagungsräumlichkeiten selbstständig umzuarbeiten. Mit viel Engagement und … bewundernswertem Einsatz dieser jungen Leute konnte diese Idee auch realisiert werden. Im Folgenden sollte die Gaststätte an einen Gastronom verpachtet werden, um dann mit dem Kulturverein gemeinsam ein ansprechendes Kulturprogramm präsentieren zu können. Leider war die Zusammenarbeit des Kulturvereins mit den in der Folge häufig wechselnden Gastronomen nicht ganz so erfolgreich. Diese Tatsache brachte den Verein in finanzielle Schwierigkeiten und man entschloss sich, künftig auch die Gaststätte in Eigenregie zu führen. Hierbei zeigte sich dann auch das Grundproblem der vorausgegangenen Jahre, welches sich wunderbar mit dem Sprichwort von den vielen Köchen und dem Brei umschreiben ließe.

Meine erste Begegnung mit dem KuBa

In dieser Phase ergab es sich, dass ich, Frank Tophoven (Spitzname „Bomber“) die letzten Tage meines Zivildienstes in Kempen verbrachte und zufällig in den Kulturbahnhof von Freunden mitgenommen wurde. Ich war damals sehr überrascht, dass ich während meines Zivildienst-Jahres noch nie etwas vom Kulturbahnhof gehört hatte, denn die Räumlichkeit gefiel mir auf Anhieb. Als ich dann an der Theke erwähnte, dass ich ausgebildeter Restaurantfachmann sei und jetzt drei Monate zusammengelegten Ziviurlaub hätte, wurde ich sofort gefragt ob ich nicht im KuBa arbeiten möchte. Da ich keine anderen Verpflichtungen hatte, konnte ich als Zapfer fest angestellt werden. Nach den drei Monaten hatte ich sozusagen die Leitung übernommen und dadurch auch bald einen Einblick in die finanzielle Situation des Kulturvereins. Mein ausbleibendes Gehalt war hier Stein des Anstoßes und die noch verbliebenen Vereinsmitglieder offenbarten mir, dass sie eigentlich schon länger pleite seien, und ob ich nicht vielleicht Lust hätte, das Ganze zu übernehmen. Lust hatte ich schon, doch war meine finanzielle Situation ähnlich wie die des Vereins. Eigentlich wollte ich mit der Ziviabfindung und den ausstehenden Gehältern meinen Beziehungskredit bei der Sparkasse abdecken. Somit musste ich also einen Investor finden. Wer würde schon in einen kaputten alten Laden investieren, welcher zugleich den Ruf als Drogenumschlagsplatz Nr. 1 in Kempen innehat? Es gab daher nur eine Person, nämlich meine Mutter, die ich nach langen Diskussionen überreden konnte, in mich zu investieren. Sie lieh mir das Geld, um die vorhandenen Schulden und Verträge des Vereins abzudecken, die mich anschließend noch 15 Jahre begleiteten. Es war gerade soviel übrig, um den anfallenden Ansprüchen des Ordnungsamtes gerecht zu werden, sodass dem Fortbestand des Kulturbahnhofs nichts mehr im Wege stand.

Mein Startschuss und der Traum vom Multisession Lokal

Ich war 21 Jahre alt und konnte auf fünf Zivikollegen, alle aus Kempen stammend, bauen. Letztere versorgten mich dann mit dem netten Kempener Publikum, für das ich mittlerweile mit unzähligen Hausverboten (die ich dank meiner Körperfülle durchsetzen konnte und musste) Platz geschaffen hatte. Unter den Zivikollegen waren auch angehende Musiker, die zu diesem Zeitpunk keine Proberäume hatten. Der Bahnhof hatte aber einige verrottete Kellerräume, die wir dann gemeinsam herrichteten. Damit war zwar eine Menge Arbeit, Krach und Ärger verbunden, jedoch auch ein Grundstock geschaffen und ein Ersatz für den fehlenden Kulturverein gefunden. In den darauffolgenden Jahren investierte ich je nach finanziellen Möglichkeiten in meinen Traum des „Multisession Lokals“. Eine eigene Live-Musik-Beschallungsanlage, eine Disco-Anlage, Lampen, Lüftung, Bühnenbau, Schallisolierungsmaßnahmen, Windmaschinen und die dafür notwendigen Versorgungskapazitäten sollten in der folgenden Zeit angeschafft und aufgebaut werden. Viele Aufgaben also für mich, neben der ständigen Bemühung um eine bessere Außenwahrnehmung des Kulturbahnhofes für die Öffentlichkeit und dem Schuldenabbau.

1999 – Der erste Kampf für den Erhalt

Die beiden letzten Aufgaben erwiesen sich allerdings als besonders schwierig – aber im Rückblick auch als besonders wichtig für den Erhalt des Kulturbahnhofs – da das KuBa 1999 in der Ausschreibung der Stadt Kempen zur Renovierung des Bahnhofgeländes überhaupt nicht erwähnt, sozusagen weggedacht und gekündigt worden war. Die Stadt hatte den Wandel und die Wichtigkeit des KuBas im Leben junger Menschen in Kempen nicht wahrgenommen und hatte anstelle des KuBas nun Einzelhandelsgeschäfte oder Arztpraxen in ihren Auslobungsunterlagen zur Findung eines möglichen Investors für eine Komplettsanierung des Gebäudes eingefügt. Ab diesem Zeitpunkt zeigte sich der Wert von 350 Konzerten, Massen von Vor-Abi-Partys mit verschiedensten Gymnasien aus dem Umfeld (die zur Finanzierung vieler Abi-Bälle hilfreich gewesen waren) oder die zuletzt in Voraussicht der Kündigung durchgeführten Jungpolitik-Partys mit der „Grünen Welle“ oder „JU Kempen“. Oder auch die Verbindungen, die zur „SPD Kempen“, entstanden waren, als diese mit uns die Veranstaltung „Music Station“ (32 Bands in 3 Tagen mit Live CD-Produktion) durchgeführt hatten. All dies und der Versuch die Öffentlichkeit durch Einbindung der Zeitungen auf die Ungerechtigkeit hinzuweisen, verhalf mir dann die Rückendeckung zu besitzen, um der Stadtverwaltung klarzumachen, den Erhalt des KuBas als einen wichtigen Punkt in den Auslobungsunterlagen einzubinden.

Investor-Irritationen und unser Winterquartier

Als dann der potenzielle Investor feststand, wurde ich von der Stadt beauftragt, mich mit diesem auf die Gestaltung, Ausstattung und die Planung der Baumaßnahmen zu einigen. Allerdings hatte der Investor den Zuschlag für das Gebäude scheinbar ohne ausreichend bindende Verträge zu den uns allen (Stadt Kempen, KuBa, Taxizentrale und Kiosk) in Aussicht gestellten Bauausführungen erhalten. Die Planung und die Ausführung wichen daher – kurzgesagt – sehr stark von dem Besprochenen und den in Aussicht gestellten Baumaßnahmen ab. Somit trugen wir das alte KuBa im April 2002 zu Grabe und sollten sechs Monate später wieder einziehen. Meine Mutter nahm mich, meine Frau Marianne und die beide KuBa-Hunde, Alice und Paul, in Straelen in ihrer Wohnung auf, wo wir sozusagen überwintern konnten, ohne viel Geld auszugeben.

Gerüchte, Warten und ein Denkmal

Dieses sparsame Leben erwies sich schon nach drei Monaten als besonders vorausschauend, da im Bahnhofsgebäude bis dato nichts geschehen war. Als wir bei der Stadtverwaltung nachfragten, erfuhren wir, dass diese mittlerweile mit Gerüchten um die finanzielle Situation des Investors zu kämpfen hatte und dass dieser den Zuschlag für die Sanierung des Bahnhofgebäudes scheinbar durch Aussicht auf ein Erweiterungsgebäude versüßt bekommen hatte. Zum Glück aber sind diese beiden Bauvorhaben getrennt behandelt worden. Der zu sanierende Altbau zählte nämlich zum Privatvermögen und der bei der Auslobung zum Zuschlag führende Erweiterungsbau (bei dem die Investorenfamilie eigenmächtig über den Auslobungsplan hinaus plante) wiederum zum Firmenvermögen des Investors. Gerüchte über eine Firmenpleite sind damals bis nach Straelen, unserem Überwinterungswohnsitz, vorgedrungen. Wir waren daher froh, als die Bauarbeiten Ende Juni endlich begannen. Bei Nachfragen inwieweit die Baubeginnverzögerung nun unseren Neubeginn beeinträchtige, wurden wir immer vertröstet mit den Worten, der Investor wäre seit 30 Jahren Bauunternehmer und wolle sich mit dem Bahnhof schließlich ein Denkmal setzen.

24.12.2002 – Ein Pachtvertrag zur Stillen Nacht

Auch die Pachtverhandlungen mit dem Investor gestalteten sich nicht gerade einfach, da dieser immer wieder auf den vorab verabredeten Betrag bestand, während er zugesagte Bauausführungen – mittlerweile sichtbar – anders oder schlicht gesagt billiger ausführte. Der Termin der Unterschrift unseres Pachtvertrages zeigt schon, in welcher Lage wir uns damals befanden, da wir uns lange nicht einigen konnten. Dieser war nämlich am Heiligen Abend, dem 24.12.2002, um 13 Uhr. Wohl mit dem Hintergrund, dass die Stadt kein komplettes Zerwürfnis provozieren wollte. Denn wir waren mittlerweile fast pleite. Meine Frau Marianne hatte ihren Beruf als Erzieherin nach 25 Jahren aufgegeben, um im kommenden und vermeintlich besseren und größeren KuBa mitzuarbeiten. Der Druck des Investors, einen anderen Betreiber ins Spiel zu bringen, vor dem uns zu diesem Zeitpunkt auch die Stadt nicht bewahren konnte, (Vertragsversäumnisse im Vorfeld, Stichwort ,,Investoren-Denkmal“), die Anschaffung des über Erbpacht finanzierten ersten Überwinterungsquatiers (eine nicht zu erkennende Bauruine) und die Aussicht, meiner (echt supercoolen) Mutter noch länger zur Last zu fallen, brachten uns schließlich dazu, den Pachtvertrag zu unterschreiben.

Eine harte Aufgabe und ein großartiges Team

Diese Phase meines Lebens wurde von einem der ersten Gäste, die wir zur Vorab-Testlauf-Party am 22.01.2003 aus dem politischen Umfeld der JU Kempen eingeladen hatten, wie folgt kommentiert: ,,Ich dachte, alles wäre in Ordnung und du hättest in der Zeit endlich mal Urlaub (er wusste, dass wir seit unserer Hochzeitsreise vor 13 Jahren nicht mehr weg waren) machen können.“ Und dabei hatte ich noch gar nicht die Horrortage erwähnt, die zwischen Unterschrift und der amtliche Abnahme, die ich nur dank der tatkräftigen Unterstützung des KuBa-Teams überstanden habe. Diese Tage waren erschöpfend, ernüchternd aber auch erbaulich. Das Team hat mir immer wieder Mut gemacht und eine tolle Moral gezeigt, welches auch unsere Machart ausmacht und unterstützt. Es gäbe hier viele Dinge und Personen zu nennen, die es wohl wert wären, erwähnt zu werden, aber ich glaube das würde zu weit führen und nicht weiter interessieren. Ich hoffe, dass ihr – solltet ihr diesen Text bis hierhin gelesen haben – nun besser versteht, dass die Aufgabe, den Kulturbahnhof zu betreiben, keine einfache, sondern eine mit viel Arbeit und Ärger verbundene ist.

KuBa gehört uns allen!

Daher gehe ich, nach diesem Historienrückblick, wieder zurück zur Ausgangsfrage: „Was ist KuBa?“ Aus meiner Sicht als Betreiber ist es eine Multifunktionsgaststätte für Jung und Alt, an der immer wieder und immer weiter mit eurer Hilfe und euren Ideen gearbeitet werden kann und soll. Wie wichtig KuBa für viele von Euch war und ist, haben uns zuletzt die Corona-Jahre und eure enorme Unterstützung gezeigt.
Danke! KuBa gehört uns allen!

Euer Bomber (Frank Tophoven)